Es gibt wirklich wichtigere Themen auf der Welt als Österreich in der Pandemie. Das indolente Verhalten des indischen Staatspräsidenten Narendra Modi und seiner Hindufaschistenpartei BJP hat in Indien zu einer neuen Covid-Katastrophe geführt, die auch uns noch in Form der neuen indischen Mutationen erfreuen wird, denen möglicherweise die bis jetzt bekannten Impfstoffe nicht gewachsen sind. Abwarten.
Das traditionelle Kumbh-Mela Fest mit Millionen Pilgern wurde von Modi nicht abgesagt, es findet ja nur alle zwölf Jahre statt, man verkürzte es halt auf einen Monat (!), und so bringen die gottvertrauenden Pilgermassen die Infektionen zurück in alle Himmelsrichtungen Indiens. Allein am 21. April badete eine Million Pilger Körper an Körper im Ganges, 68 Seher wurden positiv getestet, ein religiöser Führer starb.
Ähnliches ist von den Wahlkampagnen zu sagen, in denen sich die diversen Parteien derzeit nicht viel schenken. Auch hier wird fleißig gereist, zu großen Kundgebungen vor Ort. Führend hier wieder die Hindufaschisten, aber auch die keralesischen Kommunisten sind nicht übel. Chief Minister Pinarayi Vijayan (CPI/Marxist) ließ sich auch durch eine positive Corona-Diagnose nicht vom aktiven Wahlkampf abhalten. Die Konkurrenz von der BJP nennt ihn „Covidiot“. Herbert Kickl erblasst vor Neid. Derweil schicken meine Freundinnen und ich Geld an unsere keralesischen Bekannten, die seit mehr als einem Jahr ohne Einkommen und ohne Versicherung sind; ich denke an das staatliche Büro für Reis- und Petroleumabgabe in unserer Gasse südlich von Trivandrum. Es wird lange Schlangen aufweisen.
Die Torheit der Regierenden nimmt überall eigene Formen an. Man kann über die Deutsche denken und sagen was man will, aber in punkto Corona sind sie einfach anders. Sie geben nämlich klar an, bei welchen Inzidenzzahlen welche Öffnungs- bzw. Lockdownschritte stattfinden. Warum das bei uns nicht möglich ist und man hier lieber Kalendertage nennt? Weil hier, vom Kanzler abwärts, ein ungebrochener Wille zur Intransparenz und zur feudalen Autorität herrscht. Man will einfach selbst bestimmen, was gut ist. Da sind nur Grade zwischen Modi, der sich mittlerweile einen Heiligenbart wachsen lässt, und Platter oder Doskozil, die halt einfach bloß an die Wirtschaft denken, als hätte nicht Robert Zangerle in der Seuchenkolumne hundertmal erklärt, dass die Wirtschaft mehr leidet, wenn die Gesundheit leidet.
Mit beschwörender Miene sagte Modi, ein Lockdown sei die letzte Zuflucht. Da verbrennen sie schon Leichen auf offener Szene, klauen Sauerstoffflaschen, oder es sterben gleich zwei Dutzend Leute in einem Spital, weil eine Panne in der Sauerstoffversorgung eintritt (ob’s Plünderer waren, wird nicht dazugesagt).
Was uns mit diesem Schwellenland verbindet, ist die Dominanz der Regierungspropaganda. Während die Leute dahinsiechen und Mediziner und Pflegepersonal weinend zusammenbrechen, beteuert Modi, wie glänzend Indien mit der Pandemie zurechtkomme.
Bei uns ist das alles ein paar Härtegrade harmloser, aber umso skurriler. Bei uns sind es die Turbos und die Rankings. In einem Ranking führen wir ganz gewiss: in dem der Selbstbelobigung ohne jede Evidenz. Kaum haben wir die untersten Ränge in punkto Sterblichkeit, Versagen bei der Beschaffung von Impfstoff und Organisation der Impfkampagne verlassen, sind wir schon wieder Weltmeister. Bei der Auszahlung der Wirtschaftshilfe und sonst wo….
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Seit Beginn der Corona-Pandemie schreibt Armin Thurnher, Chefredakteur der Stadtzeitung FALTER nun an seiner Seuchenkolumne. Es sind Nachrichten und scharfe Kommentare aus der vervirten Welt. dTH arbeitet seit 13 Jahren mit NGOs in Indien zusammen. Die katastrophalen Auswirkungen der Politik des indischen Staatspräsidenten Narendra Modi, machen uns tief betroffen.